Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) by Roswitha Hedrun

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) by Roswitha Hedrun

Autor:Roswitha Hedrun [Hedrun, Roswitha]
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-06-03T22:00:00+00:00


Um nicht in finsteres Grübeln zu geraten, betrat Lucia nach ihrer Rückkehr nicht den Gasthof, sondern entschloss sich zu einem Waldspaziergang. Langsam schritt sie den Berghang hinauf, und bereits als sie die ersten Kiefern erreichte, umfing sie wohltuende Frische. Mit tiefen Atemzügen nahm sie den erlabenden Nadelduft in sich auf, wodurch ihr Gemüt sogleich ruhiger und ihr Kopf klarer wurde. Wie oft hatte sie früher dieses lebendige und doch so stille Waldleben genossen. Das Herrenhaus lag ebenfalls an einem Hang, es war ringsum von einem Blütengarten umgeben, dem sich auf der Vorderseite den Hang hinab ein Park mit Teich anschloss, und der Park ging schließlich in einen Mischwald, den Bellwillforst über. In jenem Forst hatte Lucias Großvater zu ihrem Leidwesen häufig Jagden veranstaltet und damit das dortige Waldleben geschändet, wovon sich der Forst bis heute noch nicht erholt hatte. Der hiesige Wald dagegen war friedlich, hier fühlte man das Weben der Natur, hier herrschte Wohlbefinden und Gedeih.

Womöglich könne sich der Bellwillforst ja wieder erholen, kam Lucia jetzt in den Sinn, das müsse doch möglich sein. Sie nahm sich vor, mit Herrn Thorjan, dem Förster des Bellwillanwesens, darüber zu reden. Meister Rodder waren derartige Gedanken fremd, sie gingen über Farbherstellungen selten hinaus, seines Erachtens wurde alles Leben auf dem Bellwillhügel einzig von seiner Farbproduktion finanziert. Nein, er war nicht der Mensch, dieses Werk zu leiten, wurde Lucia nun noch deutlicher, und es wäre verantwortungslos von ihr, ihm davon einen Teil zu überschreiben oder ihm auch nur irgendwelche geschäftlichen Rechte zu übertragen. Es müsse auch ohne ein solches Entgegenkommen eine Versöhnung zwischen ihnen möglich sein.

Ihr Mann sei noch immer nicht zurück gekehrt, berichtete Madame Rodder Lucia und Alphonse am nächsten Morgen beim Frühstück, und Madame de Lousin habe erfahren, er halte sich tatsächlich in Latsch bei seinem Bruder Andreas auf, in dessen Haus auch seine Mutter lebte. Lucia bedauerte dass Alphonse darauf drängte, morgen Früh die Rückreise anzutreten, er wollte seine Claire nicht zu lange warten lassen. Somit bestand heute die letzte Chance für Lucia, vor ihrer Abreise noch ein klärendes Gespräch mit ihrem Vater zu führen.

Deshalb begleitete Lucia ihre Mutter nach dem Frühstück abermals zum Bellwillhügel. Während der Fahrt sprach sie ihre Mutter auf Alphonses plötzlich so verändertes Verhalten an, zu dem auch gehöre, dass er den Wein meide, wahrscheinlich, seit er Claire kenne.

"Das wäre ein Segen", seufzte ihre medizinkundige Mutter, "denn dieser übermäßige Weingenuss scheint bereits seine Nieren angegriffen zu haben, so grau und aufgedunsen, wie er in letzter Zeit aussieht. Außerdem versucht er, sich seine Rückenschmerzen nicht anmerken zu lassen. Hat er denn Entzugserscheinungen? Also, Schweißausbrüche, Händezittern und Übellaunigkeit?"

Lucia überlegte: "Schweißausbrüche ja, und gereizt ist er in letzter Zeit auch häufig. Ganz ungewohnt an ihm."

"Oui, das sind Entzugserscheinungen. Doch so unerträglich die sind, und ich weiß sehr gut wovon ich da spreche, nur wenn er diese Marterphase durchsteht, können sich seine Nieren wieder erholen. Nun, ich bin überzeugt, er wird es schaffen."

"Das bin ich auch, denn mir scheint, für seine Claire nimmt er alles auf sich."

"Nicht nur für Claire",



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